Schlaf, Nährstoffversorgung und Ernährungsgewohnheiten

Was wir essen, hat erheblichen Einfluss darauf, wie gut wir schlafen. Unsere Schlafmuster wiederum haben Auswirkungen auf unser Essverhalten. Dr. Mike Molloy erklärt die Zusammenhänge.

Schlaf und Nährstoffversorgung

Wir alle wissen, dass eine abwechslungsreiche Ernährungsweise mit nährstoffreichen Speisen förderlich für Gesundheit und Wohlbefinden ist. Forschungsergebnisse heben aber auch immer wieder das Zusammenwirken zwischen Schlaf, Nährstoffversorgung und Ernährungsgewohnheiten hervor. Uns interessiert der aktuelle Stand der Wissenschaft. Deshalb haben wir Ernährungscoach Dr. Mike Molloy gebeten, das Zusammenspiel der drei Elemente zu entschlüsseln. Der Molekular- und Zellbiologe veranschaulicht, wie sich die Nährstoffversorgung auf den Schlaf auswirkt und warum Schlafmuster ihrerseits beeinflussen, was wir essen. Das richtige Zusammenspiel aus Schlaf, Nährstoffversorgung und Ernährungsgewohnheiten lässt uns morgens frischer aufwachen. Welche Rolle Ernährungsmythen und das Thema Abnehmen dabei spielen, lesen Sie hier.

Dr. Mike Molloy

Dr. Mike Molloy spricht mit Savoir über die Themen Schlaf, Nährstoffversorgung und Ernährungsgewohnheiten.

 

Wie kann der Schlaf beeinflussen, was wir essen?  

Es gibt einen Zusammenhang zwischen Schlafmangel und falsch reguliertem Hungergefühl. Verschiedene Studien haben bewiesen, dass sich der Mensch bei Schlafmangel oder schlechtem Schlaf hungriger fühlt und wesentlich mehr isst. Es wird dann verstärkt besonders schmackhafte, kalorienreiche Nahrung aufgenommen, die dick macht. Eine Studie der Universität Colorado kam zu dem Ergebnis, dass die Gewichtszunahme nach nur einer Woche mit je fünf Stunden Schlaf 1 Kilo beträgt.

Es besteht auch ein Zusammenhang zwischen Schlafgewohnheiten, Diäten und dem Versuch abzunehmen. Die meisten von uns wollen nicht nur Gewicht verlieren, sondern auch Fett abbauen. Schlaf spielt beim Fettabbau eine Schlüsselrolle. Wer im Kaloriendefizit jede Nacht knapp acht Stunden schläft, baut hauptsächlich Körperfett ab. Sinkt die Schlafdauer auf unter sechs Stunden, wird hauptsächlich Muskelmasse abgebaut. Das ist kontraproduktiv. Schließlich geht es beim Abnehmen doch darum, dass eben das Körperfett reduziert wird. Hinzu kommt, dass sich der Stoffwechsel abschwächt, wenn weniger Muskelmasse vorhanden ist. In der Folge wird es wahrscheinlicher, dass kein weiteres Fett mehr abgebaut wird.

 

Gesundes, nährstoffreiches Frühstück

Ein gesundes, nährstoffreiches Frühstück ist ein guter Start in den Tag.
Bildrechte: Nassima Rothacker für Chantelle Nicholson

 

Was ist der größte Mythos zum Thema Schlaf und Ernährung?

Dass wir spätabends nicht mehr essen sollen. Es gibt keine Belege dafür, dass der Schlaf nach moderater Nahrungsaufnahme stark gestört wird. Personen, die sehr aktiv sind, können mit einer kleinen Mahlzeit kurz vor dem Zubettgehen sogar besser durchschlafen. Zwei Dinge sollten vor dem Schlafengehen jedoch vermieden werden:

1. Hochverarbeitete Zucker – sie lassen die Körperkerntemperatur ansteigen, und das ist schlecht für die Schlafqualität.

2. Große Mahlzeiten, die schwer zu verdauen sind. Das gilt übrigens für jede Tageszeit.

Das andere Problem mit großen Mahlzeiten vor dem Schlafen ist Sodbrennen – verursacht durch den Rückfluss von Magensäure. Im Bett befindet sich der Körper in horizontaler Lage. Wenn man vorher schwer gegessen hat,  kann Magensäure in die Speiseröhre zurückfließen und sehr unangenehm brennen.

 

wohltuender Schlaf

Schlafmuster können beeinflussen, was wir essen.

 

Erklären Sie uns bitte, wie Alkohol und Koffein sich auf den Schlaf auswirken.

Alkohol wirkt sich in mehrerlei Weise negativ auf die Schlafphasen aus. Am stärksten bemerkbar sind:

1. Späteres Einschlafen

2. Weniger REM-Schlaf, also die Phase, in der wir träumen und das Erlebte konsolidieren

Es wurde auch beobachtet, dass man leicht aufwacht, wenn der Körper damit fertig ist, den Alkohol abzubauen. Das ist natürlich kontraproduktiv.

Koffein ist ein Stimulans. Es wirkt circa 30–60 Minuten nach der Aufnahme am stärksten. Diese Zeitspanne kann je nach Person stark variieren. Im Gehirn angelangt, blockiert Koffein die Adenosinrezeptoren. Adenosin wird tagsüber gebildet und hat eine schlaffördernde Wirkung.  Je mehr Adenosin vorhanden ist, desto müder fühlt man sich. Koffein blockiert dieses Signal.

Darüber hinaus kann Koffein den zirkadianen Rhythmus durcheinanderbringen. Es scheint diesen Taktgeber vorübergehend zu stören. Und das kann verhindern, dass wir erholsam schlafen.

 

Pflanzliche Ernährung

Eine nährstoffreiche Mahlzeit kann das allgemeine Wohlbefinden und die Schlafqualität fördern.
Bildrechte: Nassima Rothacker für Chantelle Nicholson

 

Warum haben wir mehr Hunger, wenn wir schlecht geschlafen haben?

Das liegt an den Hormonen. An der Appetitregulierung sind vor allem zwei Hormone beteiligt: Leptin und Ghrelin.  Leptin unterdrückt Hunger, während Ghrelin anregend wirkt.

Mehrere Studien haben gezeigt, dass bei Schlafmangel weniger Leptin und dafür mehr Ghrelin produziert wird. In Folge verstärkt sich das Hungergefühl.

 

Pflanzliche Ernährung mit Salat

Pflanzliche Mahlzeiten sind leicht verdaulich. Das erleichtert das Einschlafen.
Bildrechte: Nassima Rothacker für Chantelle Nicholson

 

Gibt es Ernährungsweisen, die besonders schlaffördernd sind?

Es ist vielleicht nicht überraschend, wenn ich jetzt sage, dass die Ernährungsweisen, die die allgemeine Gesundheit fördern, auch für den Schlaf am besten sind. Meine Empfehlung lautet: 85 % der aufgenommenen Nahrung sollten unverarbeitet sein. Das bedeutet, dass das, was ich esse, genau so aus der Erde kommt. Mit den restlichen 15 % kann man es sich gutgehen lassen. Schokolade, Wein, Brot usw. machen das Leben etwas angenehmer.

Außerdem ist bewiesen, dass bei pflanzlicher Ernährung die Konzentration der Aminosäure Tryptophan ansteigt. Tryptophan ist die Vorstufe des Schlafhormons Melatonin. Ich betone aber: Dieser Effekt ist hauptsächlich auf die verstärkte Aufnahme pflanzlicher Nahrung zurückzuführen – weniger auf den Ausschluss von Fleischprodukten.

 

Wohltuender Schlaf

Ernährungsgewohnheiten und die richtige Nährstoffversorgung fördern erholsamen Schlaf.

 

Sie haben mit einigen der weltweit besten Sportler und Olympiateilnehmer gearbeitet. Welchen Rat geben Sie Ihnen zum Thema Schlaf?

Guter Schlaf gehört zu den Grundlagen des Erfolges. Ich empfehle Verdunkelungsvorhänge. Die lassen kein Licht durch. Kleine blinkende Lichter abkleben. Den Wecker abdecken, damit das Ziffernblatt einen nicht die ganze Nacht anstarrt.

Und Routinen sind eine gute Sache. Wenn es möglich ist, jeden Tag zur gleichen Zeit zu Bett zu gehen und ungefähr zur gleichen Zeit aufzuwachen, ist guter Schlaf wahrscheinlicher. Selbst dann, wenn das eine oder andere im Leben etwas verrückt läuft.

Dr. Mike Molloy ist der Gründer von M2 Performance Nutrition. Er arbeitet seit mehr als 10 Jahren als Ernährungscoach. Seine Leidenschaft ist es, Menschen dabei zu unterstützen, ihren Körper und ihre emotionale Beziehung zum Essen zu reparieren – und dadurch gesund zu werden.

Wussten Sie schon, dass guter Schlaf ein Schlüssel zum Wohlbefinden ist? Und dass man Schlafmythen nicht aufsitzen sollte? Lesen Sie in unseren aktuellen, in Zusammenarbeit mit der Savoir Schlafberaterin Dr. Rebecca Robbins verfassten Artikeln, was es damit auf sich hat.